Montag

Weiße Wolken




Eine weiße Wolke existiert völlig ohne Wurzeln, sie ist ein wurzelloses Ding und hat keine Heimat – oder ist im Nichts beheimatet. Und doch existiert sie. So ist das ganze Weltall – wie eine weiße Wolke – ohne jede Ursache, letztlich ohne Ursache. Es existiert. Es existiert als ein Mysterium. (…)

Eine weiße Wolke zieht dahin, wo immer der Wind hinweht – sie widerstrebt nicht, sie kämpft nicht. Eine weiße Wolke ist kein Eroberer, und doch schwebt sie über allem. Man kann sie nicht erobern, nicht besiegen – sie hat keinen Verstand, der erobert oder besiegt werden könnte (…)

Eine Wolke will nirgendwo hin. Sie treibt – treibt so entlang. Ihr gehören alle Richtungen, alle Dimensionen. Sie lehnt nichts ab. Alles ist, existiert, und wird vollkommen akzeptiert. (…)

Weisse Wolken sind mysteriös, sie tauchen plötzlich auf und vergehen wieder. Habt Ihr jemals daran gedacht, dass Wolken keinen Namen und keine Form haben? Ihre Form bleibt keine Minute gleich. Sie verändern sich und sind ein strömendner Fluss. Man kann eine Form hineinsehen, wenn man will, aber das ist dann Deine Projektion.
Eine Wolke hat keine Form, sie ist formlos, eine Kontinuität im Werden, ein Dahinfliessen. Und so ist das ganze Leben - alle Formen sind Projektionen.

Osho: Mein Weg: Der Weg der weißen Wolke

Donnerstag

Devolution



Evolution führt vom Einfachen zum Komplizierten.
Devolution führt vom Komplizierten zum Einfachen.

Evolution führt vom Langsamen zum Schnellen- wie Sloterdijk meinte zur Mobilisierung (und danach zum Burnout )
Devolution zur Entschleunigung

Evolution führt zum Besonderen.
Devolution führt zum Einfach so.

Evolution führt zur Entwicklung des Ichs.
Devolution führt zum Fallenlassen des Ichs.

Evolution (ver)führt zum Denken.
Devolution führt zum Sein.

Evolution führt zur Vielfalt.
Devolution führt zur Einfalt.


Meister Eckhart




Als ich (noch) in meiner ersten Ursache stand, da hatte ich keinen Gott, und da war ich Ursache meiner selbst. Ich wollte nichts, ich begehrte nichts, denn ich war ein lediges Sein und ein Erkenner meiner selbst im Genuß der Wahrheit. Da wollte ich mich selbst und wollte nichts sonst; was ich wollte, das war ich, und was ich war, das wollte ich, und hier stand ich Gottes und aller Dinge ledig. Als ich aber aus freiem Willensentschluß ausging und mein geschaffenes Sein empfing, da hatte ich einen Gott; denn ehe die Kreaturen waren, war Gott (noch) nicht »Gott«: er war vielmehr, was er war. Als die Kreaturen wurden und sie ihr geschaffenes Sein empfingen, da war Gott nicht in sich selber Gott, sondern in den Kreaturen war er Gott...

Wenn einer mich nun fragte, was denn aber das sei: ein armer Mensch, der nichts will, so antworte ich darauf und sage so: Solange der Mensch dies noch an sich hat, daß es sein Wille ist, den allerliebsten Willen Gottes erfüllen zu wollen, so hat ein solcher Mensch nicht die Armut, von der wir sprechen wollen; denn dieser Mensch hat (noch) einen Willen, mit dem er dem Willen Gottes genügen will, und das ist nicht rechte Armut...

Wir haben gelegentlich gesagt, daß der Mensch so leben sollte, daß er weder sich selber noch der Wahrheit noch Gott lebe. Jetzt aber sagen wir’s anders und wollen weitergehend sagen: Der Mensch, der diese Armut haben soll, der muß so leben, daß er nicht (einmal) weiß, daß er weder sich selber noch der Wahrheit noch Gott lebe. Er muß vielmehr so ledig sein alles Wissens, daß er nicht wisse noch erkenne noch empfinde, daß Gott in ihm lebt...

Ich habe es (schon) oft gesagt, und große Meister sagen es auch: der Mensch solle aller Dinge und aller Werke, innerer wie äußerer, so ledig sein, daß er eine eigene Stätte Gottes sein könne, darin Gott wirken könne. Jetzt aber sagen wir anders. Ist es so, daß der Mensch aller Dinge ledig steht, aller Kreaturen und seiner selbst und Gottes, steht es aber noch so mit ihm, daß Gott in ihm eine Stätte zum Wirken findet, so sagen wir: Solange es das noch in dem Menschen gibt, ist der Mensch (noch) nicht arm in der eigentlichsten Armut. Denn Gott strebt für sein Wirken nicht danach, daß der Mensch eine Stätte in sich habe, darin Gott wirken könne; sondern das (nur) ist Armut im Geiste, wenn der Mensch so ledig Gottes und aller seiner Werke steht, daß Gott, dafern er in der Seele wirken wolle, jeweils selbst die Stätte sei, darin er wirken will, — und dies täte er (gewiß) gern...

Aus Predigt 52

Montag

Seng-ts'an




Selbst wenn unsere Worte genau
Und unsere Gedanken richtig sind,
Entsprechen sie doch nicht der Wahrheit.

Wenn wir Sprache und Denken aufgeben,
Können wir über alles hinausgehen,
Wer Sprache und Denken nicht zurücklassen kann,
Wie kann der den WEG verstehen?

Donnerstag

Liä Dsi (um 450 v. Chr.)





Es sagte jemand zu Meister Liä Dsï: »Wie kann der Meister die Leere so hochschätzen!«
Liä Dsï sprach:
»Die Leere braucht keine Hochschätzung. Es kommt nicht auf den Namen an.
Nichts kommt der Stille, nichts der Leere gleich. Durch Stille, durch Leere findet man die Heimat, durch Nehmen und Geben verliert man seinen Ort.
Wenn eine Sache verdorben und zerstört ist, und man fuchtelt nachher herum mit Liebe und Pflicht, so kann man sie nicht wieder gut machen.«

Mittwoch

Issa (1763 -1828)




Zur Nacht im Herbste
das kleine Loch im Fenster
mir Flöte spielte

Wang We (699-759)



Im Bambusdickicht sitze ich verborgen,
spiele die Qin, und summe mir ein Lied.
Und nur der Mond besucht mich hier im stillen,
da mich ja sonst kein Menschenauge sieht.

Dienstag

Etymologie



Gothisch: AinfalÞs
Mittelhochdeutsch/ Althochdeutsch: einvalt

«einfach»

Gothisch: ainfalÞei
Althochdeutsch einfalti
Mittelhochdeutsch: einvalte

Einfachheit; Schlichtheit (des Herzens)

Althochdeutsch: einfaltig
Mittelhochdeutsch: einvaltec

Neuhochdeutsch einfältig

Schlicht, Arglos, Nicht-wissend



azendrah




Wer bin ich?

Wer will das wissen?

Nur Nicht-Wissen macht frei.


(http://philosophieblog.de/azendrah)

Laotse




Das Einfache sehen, am Schlichten sich halten.

Wenig Ich, wenig Begehren.

Lass ab vom Lernen und ohne Sorge wirst Du sein.

3 - 2 - 1 - Meins?






O du wahre Dreifalt, hilf aus allem Zwispalt zu der wahren Einfalt.

Aus dem 17. Jahrhundert

Montag

Fa-Yen (885-958)





Fa-yen war mit Freunden unterwegs, um den Po-yang-See zu überqueren. Kaum hatten sie ihre Reise begonnen, gingen schwere Regenfälle nieder. Die Flüsse traten über die Ufer und überschwemmten das Land. Deshalb nahmen sie vorübergehend Aufenthalt im Di-cang-Kloster am Westrand der Stadt Fu-zhou. Dabei nahm Fa-Yen die Gelegenheit wahr Gui-Chen aufzusuchen, der ihn fragte:
"Wohin seid ihr unterwegs, mein Herr?"
"Ich werde meine Reise zu Fuß längs der Strasse fortsetzen."
"Was soll das sein, eine Reise zu Fuss?"
"Ich weiß es nicht"
"Nicht-Wissen ist das seinen Weg nehmen".
Dadurch erfuhr Fa-yen Erwachen.

Georgias (480 – 380 v.Chr.)







Es existiert nichts.
Wenn doch etwas existieren würde, könnte es doch nicht erkannt werden.
Wenn es erkannt werden könnte, könnte es doch nicht mitgeteilt werden.

Tony Parsons





Es wird weder wahrgenommen noch gewusst.
Das ist das Mysterium, das Paradox,
das absolute Wunder dessen,
wonach wir uns sehnen.

Wäre die Ganzheit wahrnehmbar,
müsste es etwas davon Getrenntes,
einen Wahrnehmer geben,
der sie wahrnehmen könnte.

Diesen Anderen gibt es nicht.
Da ist nur alles und nichts.